Beschreibung
Lange genug hat der saturierte Westen dem östlichen Europa den Rücken zugekehrt. Einen genaueren, profunderen Kenner dieser Region als Karl Schlögel haben wir in der Bundesrepublik nicht. Seit zehn Jahren erkundet er die Welt, die versunken war und die für immer preisgegeben schien. Seine Reisen führten ihn nach Wilna und Lemberg, Moskau und Czernowitz, Kasan und Nishnij Nowgorod. Ein erstes Resultat: Unter der Eisdecke eines Regimes, das jeder urbanen Zivilisation ein Ende machen wollte, hat die historische Substanz der Städte überlebt.*Schlögels wahres Thema ist jedoch nicht die Topographie, sonder die Zeit – erst die blockierte, stillgestellte, dann die sich rasend beschleunigende Zeit. Die glaubwürdigsten Indikatoren dieser reißenden Entwicklung sind nicht Proklamationen und Beschlüsse, sondern Schwarzmärkte, Verkehrsströme, Baustellen, Demonstrationen. Die Sensation besteht in der mühevollen Rückkehr zur Normalität, einem Prozeß, der unerhörte Gefahren und Möglichkeiten birgt.*Am Ende des Ausnahmezustandes erscheint alles exotisch. Wir werden uns daran zu gewöhnen haben. Wo ein Block, ein Lager, ein geschlossener Raum war, liegt das andere Europa vor unseren Augen, ein weitgestreuter unbekannter Archipel. Karl Schlögels Expeditionen spüren den Risiken und den Wundern nach, die dort ans Licht treten.