Mit der Übersetzung seines Gesellschaftsromans »Die Fünf« ist Vladimir Jabotinsky als einer der großen russischen Prosaautoren des 20. Jahrhunderts gerade erst entdeckt worden. Im Kanon der modernen jüdischen Literatur hat dieser Sprachstilist längst seinen Platz gefunden.
Dicht entlang an der biblischen Vorlage erzählt Vladimir Jabotinsky das Schicksal von Simson – den wir alle aus dem Alten Testament, aus dem »Buch der Richter« kennen: Berühmt ist die Szene der Bezwingung eines jungen Löwen und natürlich die Begegnung mit Dalila. Simson ist ein Auserwählter Gottes – eine der großen und umstrittenen Figuren in der jüdischen Kultur wie in der christlichen Überlieferung.
Bei Vladimir Jabotinsky gewinnt das Leben von Simson (wie er in den Übertragungen der Bibel ins Deutsche heißt) eine große lebensnahe Kraft in plastischer und poetischer Prosa. Vladimir Jabotinsky reizt die alttestamentarische Prophezeiung, dass der »Tausendsassa« Simson der Erste ist, der die unter sich zerstrittenen israelischen Stämme vor den mit Wissen, Technik und Kultur überlegenen Philistern erretten wird.
»Richter und Narr« wird so zu einem alttestamentarischen »Gesellschaftsroman« – psychologisch fein ziseliert und von atmosphärisch-dramatischer Wucht. Und die Kluft zur biblischen Vorlage versteht Vladimir Jabotinsky meisterlich kunstvoll zu schließen: »Wahrheit ist nicht das, was in einer von vielen Nächten geschehen ist. Wahrheit ist das, was für immer im Gedächtnis der Menschen bleiben wird.«
»Simson der Nasiräer« erschien als Fortsetzung 1927 in einer russischsprachigen Zeitschrift in Paris, 1928 in gleich zwei Verlagen in deutscher Übersetzung. Aber aus den deutschen Bibliotheken war Jabotinskys Roman verschwunden – bis zur Neuübersetzung aus dem Russischen von Ganna-Maria Braungardt, deren Übertragung von »Die Fünf« große Bewunderung fand.
»Samson and Delilah« kam 1949 in die amerikanischen Kinos – das Drehbuch basierte auf Jabotinskys Roman, der Autor beteiligte sich an der Arbeit am Drehbuch. Regie führte Cecil B. DeMille.